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Wandel der Sehnsucht

Wie doch dünkte mir die Fahrt so lang,
O wie sehnt' ich mich zurück so bang
Aus der weiten, fremden Meereswüste
Nach der lieben, fernen Heimatküste.

Endlich winkte das ersehnte Land;
Jubelnd sprang ich an den teuren Strand,
Und als wiedergrüne Jugendträume
Grüßten mich die heimatlichen Bäume.

Hold und füßverwandt, wie nie zuvor,
Klang das Lied der Vögel an mein Ohr;
Gerne, nach so schmerzlichem Vermissen,
Hätt' ich jeden Stein ans Herz gerissen.

Doch, da fand ich dich, und - todesschwank
Jede Freude dir zu Füßen sank,
Und mir ist im Herzen nur geblieben
Grenzenloses, hoffnungsloses Lieben.

O wie sehn' ich mich so bang hinaus
Wieder in das dumpfe Flutgebraus!
Möchte immer auf den wilden Meeren
Einsam nur mit deinem Bild verkehren!
Text: Nikolaus Lenau - Lizenz: Public Domain