In der Krankheit
1.Nacht umschweigt mein Krankenlager;
An der morschen Diele nur
Reget sich der kleine Nager,
Und es pickt die Pendeluhr,
Die eintönig mich bedeutet,
Wie das Leben weiterschreitet.
Über trübe, heitre Stellen
Schreitet's unaufhaltsam hin,
Wie des Stromes rasche Wellen
Blum' und Dorn vorüberziehn.
Immer senkt die Bahn sich jäher,
Kommt der Schritt dem Tode näher.
Mir auch senkt sie sich, und schaurig
Weht es aus der Niederung;
Und, noch Jüngling, hör' ich traurig,
Wie aus banger Dämmerung
Meines Herzens matten Schlägen
Rauscht die Todesflut entgegen.
2.
Einsamkeit! mein stilles Weinen
Rinnt so heiß in deinen Schoß;
Doch du schweigst und hast nicht einen
Seufzer für mein trübes Los!
Legen schon die Jugendjahre
Abgeblüht mich auf die Bahre,
Wird kein Auge feuchten sich?
Wird kein Busen banger schlagen,
Wenn sie mich zu Grabe tragen?
Liebt kein Herz auf Erden mich? -
Heißer strömt es von der Wange:
Keines, keines, fühl ich bange.
Text: Nikolaus Lenau - Lizenz: Public Domain