Das tote Kind

Es hat den Garten sich zum Freund gemacht,
Dann welkten es und er im Herbste sacht,
Die Sonne ging, und es und er entschlief,
Gehüllt in eine Decke weiß und tief.

Jetzt ist der Garten unversehns erwacht,
Die kleine schlummert fest in ihrer Nacht.
"Wo steckst du?" summt es dort und summt es hier.
Der ganze Garten frägt nach ihr, nach ihr.

Die blaue Winde klettert schlank empor.
Und blickt in Haus: "Komm hinterm Schrank hervor!
Wo birgst du dich? Du tust dirs selbst zuleid!
Was hast du für ein neues Sommerkleid?"

Text: Conrad Ferdinand Meyer - Lizenz: Public Domain