Der Sträfling
In des Zwingers MißgerüchenFröstelnd sitz ich da;
Weil man mich der königlichen
Zwiebel dräuen sah.
Denn ich wähnt', es wär nicht übel,
Wenn wir unserem Aquavit,
Statt gemeiner Zähren-Zwiebel
Zärtern Schmälzling teilen mit.
Und ich schlich zum Herrscher-Garten
Wo der Silberstölzling schwimmt,
Wo die Afrikanen schnarrten
Und die Tulpe flimmt.
"Ihre Knolle auszuzwarken,
Hilf, o Küpris, mir!
Niemand wird mir dies verargen,
Niemand lauschet hier!"
Und schon bohrt' ich auf die Neige,
Und schon gab sie nach,
Als aus nahem Lust-Gezweige
Still ein Bosmann brach.
Und ich trat mit meinem Zweke
Floskelnhaft hervor,
Doch der goldbordierte Reke
Wismet' mir kein Ohr. -
- Wie notwendig Junge brechen
Aus dem Hühner-Ei,
So folgt jeglichem Verbrechen
Stets die Polizei.
In des Zwingers Mißgerüchen
Fröstelnd sitz ich da,
Weil man mich der königlichen
Zwiebel dräuen sah.
Text: Liebmund Maria Wispel - Lizenz: Public Domain