Das Posthorn
Still ist schon das ganze Dorf,Alles schlafen gangen,
Auch die Vöglein im Gezweig,
Die so lieblich sangen.
Dort in seiner Einsamkeit
Kommt der Mond nun wieder,
Und er lächelt still und bleich
Seinen Gruß hernieder;
Nur der Bach, der nimmer ruht,
Hat ihn gleich vernommen,
Lächelt ihm den Gruß zurück,
Flüstert ihm: "Willkommen!"
Mich auch findest du noch wach,
Lieber Mond, wie diesen,
Denn auf immer hat die Ruh'
Mich auch fortgewiesen.
Mich umschlingt kein holder Traum
Mit den Zauberfäden,
hab' mit meinem Schmerze noch
Manches Wort zu reden.
Ferne, leise hör' ich dort
Eines Posthorns Klänge,
Plötzlich wird mir um das Herz
Nun noch eins so enge.
Töne, Wandermelodei,
Durch die öden Straßen;
Wie so leicht einander doch
Menschen sich verlassen!
Lustig rollt der Wagen fort
Über Stein' und Brücken;
Stand nicht wer an seinem Schlag
Mit verweinten Blicken?
Mag er stehn! Die Thräne kann
Nicht die Rosse halten;
Mag der rauhe Geißelschwung
Ihm die Seele spalten!
Schon verhallt des Hornes Klang
Ferne meinem Lauschen,
Und ich höre wieder nur
Hier das Bächlein rauschen.
Ich gedenke bang und schwer
Aller meiner Lieben,
Die in ferner Heimat mir
Sind zurückgeblieben;
Diese schöne Sommernacht
Muß vorübergehen,
Und mein Leben ohne sie
Einsamkeit verwehen.
Mahnend ruft die Mitternacht
Mir herab vom Turme.
Ferne! denket mein! die Zeit
Eilt dahin im Sturme!
Unsre Gräber, denket mein!
Sind schon ungeduldig! -
Daß wir nicht beisammen sind,
Bin ich selber schuldig.
Text: Nikolaus Lenau - Lizenz: Public Domain