Ständchen
Brim blim, klang kling,Höre, Mädchen, was ich sing'!
Sieh mich hier vor deinem Fenster
Lauschend mit der Zither stehn,
In der Stunde, wo Gespenster
Nur und Liebende noch gehn.
Alles ruht im trauten Zimmer,
Nur die Liebe ruhet nimmer.
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Stürme brausen durch die Gassen,
Tief verhüllt in Schnee und Eis,
Ach, und doch, kaum kann ich's fassen,
Kalt die Hand, der Busen heiß,
Innre Gluten, wärmt die Finger,
Kühl, o Eis, den Minnefinger!
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Mutig, wenn ich dich nicht sehe,
Sinn' ich aus manch Liebeswort,
Aber kaum in deiner Nähe,
Ist die Sprache eilends fort.
Ferne mutig, nahe blöde,
Kannst du denken, Lieb', so rede!
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Nur, ergreif' ich meine Zither,
Wird das Herz mir weit und groß
Und das brütende Gewitter
Bricht in hundert Strahlen los.
Ja, mag's noch so seltsam klingen,
Reden kann ich nicht, doch singen.
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Drum das Saitenspiel in Händen,
Ruf' ich kühn zu dir hinauf:
Laß den spröden Sinn sich wenden,
Thu mir Herz und Fenster auf!
Aber still: denn wird sie's innen,
Zürnt sie etwa dem Beginnen,
Schilt, daß ich's mich unterfing,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Doch was schmäh' ich diese Wonne,
Die mein Innres süß bewegt,
Ist die Sonne minder Sonne,
Weil kein Aug' ihr Schaun erträgt?
Bleibt, wenn nichts auch übrig bliebe,
Das Gefühl doch, daß ich liebe,
Ach und -
Brim Blim, klang kling,
Liebe bleibt ein süßes Ding.
Text: Franz Seraphicus Grillparzer - Lizenz: Public Domain