An Agathe
Mit dem naß geweinten SchleierLösch' ich meine Thränen aus;
Und mein Auge schauet freier
Über Zeit und Grab hinaus;
Geist erhabner Prophezeiung,
Gottes Geist erleuchtet mich!
Lebensodem zur Erneuung
Weht gewiß auch über mich.
Jedes Drangsal dieses Lebens,
So dein weiches Herz gedrückt,
Zeuget, daß du nicht vergebens
Oft nach Trost hinaus geblickt.
Nein! Nicht schwelgendem Gewürme
Nun und immerdar ein Raub,
Noch ein Spiel der Erdenstürme
Bleibet guter Herzen Staub.
Nein! In diese Wüsteneien
Sind wir ewig nicht gebannt.
Keine Zähre darf uns reuen;
Denn sie fiel in Gottes Hand.
Was auf diese dürren Auen
Von der Unschuld Thränen fällt,
Wird gesammelt, zu bethauen
Die Gefilde jener Welt;
Die Gefilde, wo vom Schnitter
Nie der Schweiß der Mühe rann,
Deren Äther kein Gewitter
Und kein Nebel trüben kann.
Seufzer, deines Grames Zeugen,
Werden auf gen Himmel gehn,
Werden einst von Palmenzweigen
Kühlung dir herunter wehn.
Von dem Schweiße deiner Mühlen,
Der hier Undankbaren quillt,
Werden dort einst Blumen blühen,
Wie sie hier kein Lenz enthüllt.
Wann Verfolgung ihren Köcher
Endlich auf dich ausgeleert:
Wann dein Gold sich vor dem Schwächer
Seines Glanzes rein bewährt;
Und, zur Erntezeit der Saaten,
Da das Korn geworfelt wird,
Ausgestreuter Edelthaten
Reine Frucht im Siebe schwirrt. -
Heil der schönsten schöner Stunden,
Die sich um dein Leben drehn,
Die, vom Sclavenzwang entbunden,
Dich zur Freiheit wird erhöhn! -
Zeuch mich dir, geliebte Fromme,
An der Liebe Banden nach!
Daß auch ich zu Engeln komme,
Zeuch, du Engel, dir mich nach!
Mich begleite jede Wahrheit,
Die du schmeichelnd mir vermählt,
Zu dem Urquell aller Klarheit,
Wo kein Reiz sich mehr verhehlt!
Text: Gottfried August Bürger - Lizenz: Public Domain