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In trüber Stunde

Frost und Nacht, wohin ich richte
Meine besten Lichtgedanken!
Wie ich sinne, wie ich dichte,
Nicht die Mitwelt will mir's danken.

Hab' mein Bestes ihr gegeben,
Zwar nicht reichlich, stets doch Reines,
Reinsten Teil von meinem Leben,
Wohl nicht Schmuck voll falschen Scheines.

Kurze Zeit habt ihr verstanden,
Was die Götter mir erzählten;
Und ich galt in unsern Landen
Zu den hohen Auserwählten.

Doch ihr habt mich dann vergessen -
Und vergessen eure Würde:
Und - wenn nicht mein Wort vermessen:
Ward mein Geist euch eine Bürde.

Sei's! - ich opfre meinen Göttern -
Opfert ihr - wie lang? - den Götzen!
Zukunft wird mit andern Lettern
Euch und mir das Urteil setzen!

Zwar, wenn tot einst, werd' ich leben,
Und ihr flechtet mir noch Kränze,
Denkt ihr auch nicht schmerzlich eben
Meiner trüben Lebenslenze.

Doch - was klag' ich? - wo im Innern
Heil'ge Stimmen stets erklangen!
Ist's doch - zwar kein Trost-Erinnern! -
Manchem Bessern so ergangen!
Text: Franz Seraphicus Grillparzer - Lizenz: Public Domain