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Als mein Schreibpult zersprang

Wenn im Lenz die Bäume knospen,
Und der Saft die Stämme füllt,
Fängt im Wald sich's an zu regen,
Und des Frühlings Kuß entgegen
Dehn, erwacht, sich Zweig und Ast.

Doch nicht bloß das Holz im Walde,
Auch das Holz, das längst gefället,
Als Gerät schon steht und trocknet,
Fühlt des Götterboten Nahen,
Und in thörichtem Vergessen
Dehnt's verlangend seine Adern:
Doch, nicht fähig mehr zu grünen,
Ächzt es laut auf und zerspringt.

So, ob schon vom Stamm getrennet
Und verwelket in der Blüte,
Weckt im Frühling mich dein Atem,
Himmelstochter Poesie!
Und mein Busen drängt und hebt sich;
Doch, nicht fähig mehr zu grünen,
Ächzt er laut auf und - zerbirst.
Text: Franz Seraphicus Grillparzer - Lizenz: Public Domain