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Cronje und Cronjes Volk.

Geschrieben nach der Gefangennahme General Cronjes und seiner Verbringung nach der Napoleonsinsel St. Helena im März 1900.

Den "Löwen Afrika's", so nennt dich,
O Held und Bauer, jetzt die Welt,
Dich, mit dem Pflug des Feldes Herr erst,
Dann mit dem Schwert ein Herr im Feld:
Und nimmer, seit von seiner Pranke
Zuerst den Eindruck er gelehrt
Die weite Wüste, wurde also
Der Löwe Afrika geehrt!

Wohl konnt' erdrücken und ersticken
Der Brite dich, besiegen nicht;
Mit seinen Kugelblizzards konnt' er
Dir rauben Atem, Luft und Licht;
Er konnt' umgehn dich und umstellen,
Dich fahn selbst zehen gegen eins, -
Die afrikan'sche Löwenmähne
Dir auch nur rühren konnte keins!

Ja, fahn! Und als er dich gefangen:
Wo galts zu bergen fest und gut
Für ihn auch dich, als in des neuesten
Prometheus-Felsen Klippenhut,
Daran die Welt schon einmal einen
Todfeind zu Tod' ihn schmieden sah.
Ihn mit dem Weltmeer selbst umkettend, -
Napoleon auf Sanct Helena?!

Ja, fahn! Und hätte er gewollt es,
Konnt' er dich selbst aus nächster Näh'
Gefahrlos hinter Gittern zeigen
Auf wilde' Afrikatrophä'.
Doch ob John Bulls Millionenmob dann,
"God save the Queen"-berauscht, sich toll
Gelärmt auch vor dem Käfig hätte,
Du bliebst doch Löwe jeder Zoll!

Als Persien Hellas überschattet
Mit seinem Söldner-Wolkenheer,
Ward erst Thermopylä geschlachtet, -
Doch Salamis kam hinterher.
Geschlachtet, ja, und nicht geschlagen,
Mit seiner Adern letztem Naß
Zahlt' für den künft'gen Sieg den Löwen-
Und Königspreis Leonidas.

Und so auch du, als rot im Schatten
Der Lydditkugeln das Geflut
Des Modder ward, nicht bloß von Männer-,
Nein auch von Fraun- und Kinderblut!
Und preisen darf die Welt und mit ihr
Dein Volk, dein eignes, ohne Scheu
Mit der Spartiaten Kronenlöwen
Dich als der Boeren Cronje-Leu!

Und dieses Volk, auch nur von Bauern,
Und doch zum Heldenheer geschart,
Gleich groß, wenn seine Erd' es aufreißt,
Als wenn es sie vor Wunden wahrt:
Sei du gegrüßt auch und gepriesen
Und sei gesegnet, Volk und Heer
Von afrikan'schem Löwen selber,
Gegrüßt weit über Land und Meer!

Es hieß am Menschheitsherzen zweifeln,
Verzweifeln an der ganzen Welt,
Ließ sie dich jetzt am Boden liegen,
Zurückgeworfen und zerschellt.
Doch würd' auch sie dir zum Verräter,
Noch hat der Himmel seinen Blitz,
Und fiel das Mittleid auch, noch fiel nicht
Das Recht von seinem ew'gen Sitz!

Nicht kann dir's fehlen, wenn du selbst nicht
Dein Cronje-Löwenfeuer dämpfst,
Jetzt, wo auf deinem "Veld" du blutest,
Auf deinem Eigensten du kämpfst.
Es tagte nach den Thermopylen
Ein Salamis: es kommt auch dir,
Zum Bollwerk wird dir jeder Scholle
Und jeder Halm zum Helmizier!

In deinem "Laager" ist die Freiheit
Mit deiner Frau'n und Kinder Troß,
Ob auch der eine Held erdrückt dir
Vom ganzen Albion-Koloß!
Und eh' aufs neu dein Jahr sich jünget,
Steigt selbst du siegreich und verjüngt
Mit deiner Saat aus deinem Boden,
Den du mit deinem Blut gedüngt!
Text: Udo Brachvogel - Lizenz: Public Domain